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    Der Sturm im Meer

    Es braust der See Tiberias,
    Es schwankt das leichte Boot,
    Die Jünger kämpfen schreckensblass
    Mit schwerer Sturmesnot,
    Er aber schläft mit
    Als wie im sichern Haus
    In seligem Ermüden
    Vom heißen Tagwerk aus.

    Er schläft, umrollt vom Donnerhall,
    Vom Wetterschein umblitzt,
    Er schläft, gewiegt vom Wogenschwall,
    Von Gischt und Schaum umspritzt,
    Er schläft, die Wellen decken
    Das schwache Schifflein schier,
    Da streichts in jähem :
    Herr, hilf, sonst sinken wir!

    „Kleingläubige, was zagt ihr doch?“
    Sieh da, vom umwallt,
    Ersteht im Schifflein still und hoch
    Die herrliche Gestalt,
    Reckt in die Wetternächte,
    Reckt in das Sturmgebrüll
    Die königliche Rechte –
    Und und Meer wird still.

    Und ob der See noch leise schäumt
    Und tief im Grunde kocht,
    Die Elemente sind gezäumt,
    Der Abgrund unterjocht;
    Der Donner kennt die Stimme,
    Davor die Welt erbleicht,
    Dass er in dumpfem Grimme
    Sich ins Gebirge schleicht.

    Mit blankem Segel schwebt das Boot
    Gelassen wie ein Schwan,
    Dahin im milden Abendrot
    Auf spiegelheller Bahn;
    Die aber fragen:
    Was ist das für ein Mann,
    Vor dem die Stürme zagen? –
    Und beten Jesum an.

    Ja, bet ihn an, und wenn Dein
    Auf wilden Wogen schwebt,
    Und wenn vor Klipp und Felsenriff
    Dein schwaches Herze bebt,
    Und wenn in Sturm und Wetter
    Auf Menschen kein Verlass,
    Dann, Seele, ruf dem Retter
    Vom See Tiberias!

    Und schweigt er dir und schläft er noch:
    Halt an und ruf mit ,
    Zur rechten Stunde hört er doch,
    Ist nie zu spät erwacht,
    Reckt in die Wetternächte,
    Reckt in das Sturmgebrüll
    Die königliche Rechte –
    Und Wind und Meer wird still.

    Und wenn durchs Herz das wilde Heer
    Der Leidenschaften stürmt,
    Die Seele wie ein zornig Meer
    Sich hoch in Wogen türmt,
    Dann weck vom Schlummerkissen
    Im Herzensgrunde tief,
    Im innersten ,
    Den Meister, der da schlief.

    Ersteht im Herzen still und mild
    Die himmlische Gestalt,
    Dann legt vor seinem Friedensbild
    Sich Sturm und Unruh bald;
    Dann schwebt auf ebnem Pfade
    Dein gottgelassner Sinn
    Im Friedenshauch der Gnade
    Sanft ob dem Abgrund hin.

    Herr Jesu, bleibst nur du an Bord
    Mein göttlicher Pilot,
    Dann schwimmt mein Schifflein fröhlich fort,
    Dann fürcht ich keine ,
    In deinem Gottesschirme
    Land ich auf ebner Bahn
    Durch und Stürme
    Im Port des Friedens an.

    Karl von Gerok






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