Der verarmte Feinschmecker | Gedicht von Heinrich Seidel
Die Trüffel reift in Frankreichs Gauen,
verborgen in der Erde schoß.
Allein für mich, auf märkschen Auen,
wächst die Kartoffel bloß.
Es glänzt verlockend in der Sonne
Böhmens Fasan mit hellem Schein …
Für mich blinkt in des Krämers Tonne
Ein Hering mager nur und klein.
Heinrich Seidel (1842-1906)
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- Am Morgen | Gedicht von Heinrich Seidel Da ich schlafen ging mit Sorgen,Bin ich frohen Muths erwacht –Rosig blüht der junge MorgenAus dem dunklen Kelch der Nacht. Was mich gestern wollte kränken,Scheint mir heut gering und klein,Da mich lehrte anders denkenMorgenroth und Sonnenschein. Was das Dunkel mir verborgen,Leuchtet jetzt in goldner Pracht –Rosig blüht der junge...
- Das Künstlerpaar | Gedicht von Heinrich Seidel Er:Du steigst empor, man jauchzt dir zu!Fast störts ein wenig meine Ruh,Denn Eines könnt ich nicht ertragen:Wenn du mich würdest überragen! Sie:Du bist mein Licht und meine Wonne!Steig wie ein Adler auf zur Sonne!Und lässest du mich weit zurück,Nur um so grösser wird mein Glück! Heinrich Seidel...
- Bei Goldhähnchens | Gedicht von Heinrich Seidel Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast!Sie wohnen im grünen FichtenpalastIn einem Nestchen kleinSehr niedlich und sehr fein. Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,Mückensalat und GnitzenbreiUnd Käferbraten famos –Zwei Millimeter groß. Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,So zierlich klang’s wie gesponnenes Glas,Dann wurden die Kinder besehn:Sehr niedlich alle zehn! Dann...
- Das Huhn und der Karpfen | Gedicht von Heinrich Seidel Auf einer MeiereiDa war einmal ein braves Huhn,Das legte, wie die Hühner thun,An jedem Tag ein EiUnd kakelte,Mirakelte,Spektakelte,Als obs ein Wunder sei!Es war ein Teich dabei,Darin ein braver Karpfen sassUnd stillvergnügt sein Futter frass,Der hörte das Geschrei:Wies kakelte,Mirakelte,Spektakelte,Als obs ein Wunder sei! Da sprach der Karpfen: „Ei!Alljährlich leg ich...
- Das Menschenherz | Gedicht von Heinrich Seidel So lieblich ist keine Frühlingsnacht,So heiss kein Sommertag gemacht,Kein Herbst so reich, kein Winter so streng,Keine Welt so weit, kein Oehr so eng,Kein Flaum so weich, so hart kein ErzWie du, vielfältig Menschenherz! Heinrich Seidel...
- Beim Nähen | Gedicht von Heinrich Seidel Du warst bei’m Näh’n nicht auf der HutUnd stachst dein rosig Fingerlein –Da steht ein rundes Tröpfchen BlutAls wie ein rechter Edelstein. So wünsch‘ ich dir, wenn einst dein HerzVon bittren Leiden wird verwundet,Daß sich wie hier aus herbem SchmerzDes Glückes schöne Perle rundet. Heinrich Seidel...
- An meine Königin | Gedicht von Heinrich Seidel Ich flocht dir eine KroneVon Lindenlaub in’s Haar,Und du auf grünem ThroneRegiertest wunderbar. Es war dein lieblich ScepterEin lichter Blüthenzweig –Es kniete dir zu FüßenDein Unterthan im Reich. Wie dien‘ ich dir so gerne –Wie milde ist dein Sinn –Wie lieblich ist dein Herrschen,Du holde Königin. Heinrich Seidel...
- An ein Mädchen | Gedicht von Heinrich Seidel Noch nicht mit Ihren FeuergluthenHat dich die Liebe angeweht;Noch wallte nicht in wilden FluthenDein Blut, das sanft die Pulse geht. Noch ist kein Hauch von dem genommen,Was ewig fehlt, dem, der’s verlor:Doch wird auch dir die Stunde kommen,Da hell die Flamme schlägt empor! Dann sei es nimmer jene wilde,Die...
- Am Wege | Gedicht von Heinrich Seidel Wir wanderten am heissen Maientag.Zur Rechten blitzend lag ein See, und sonstIn weitem Bogen ward das grüne FeldVon sonnbeglänztem Tannenwald umzirkt. –Ein Häuschen dort im hellen Obstbaumgrün,Ein Ackersmann der seine Furchen zog.Und hier und da ein Busch – das war die Landschaft.Wir sprachen mancherlei und achtetenDes Weges wenig.Plötzlich sah...
- Der kleine Nimmersatt – Gedicht von Heinrich Seidel Ich wünsche mir ein Schaukelpferd,’ne Festung und Soldatenund eine Rüstung und ein Schwert,wie sie die Ritter hatten. Drei Märchenbücher wünsch ich mirund Farben auch zum Malenund Bilderbogen und Papierund Gold– und Silberschalen. Ein Domino, ein Lottospiel,ein Kasperltheater;auch einen neuen Pinselstielvergiß nicht, lieber Vater! Ein Zelt und sechs Kanonen dannund...
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